Keinesfalls gegen den Willen der Bevölkerung…

werde der Nationalpark erweitert werden, versicherte allen voran Ministerpräsident Dr. Stoiber den Bürgerinnen und Bürgern des Landkreises Regen noch im Jahr 1995, als mit geballtem Medienaufwand um Akzeptanz für eine Erweiterung des Nationalparks gerungen wurde

Die Bevölkerung tat ihren Willen kund…

Die kommunalen Verantwortlichen und die Bewohner des Zwieseler Winkels sahen sehr wohl die wirtschaftlichen und touristischen Vorteile, die eine Nationalparkregion mit sich bringen kann. Zu tief saß aber die Angst, dass ihre Waldheimat zwischen Rachel und Falkenstein, wenn sie der Nationalparkverwaltung unterstellt wird, das gleiche Schicksal erleidet, wie die Wälder im Altgebiet des Parks. Die Bürgerbewegung initiierte eine Unterschriftenaktion, die mit 12.400 Stimmen gegen die Erweiterung ein eindeutiges Votum der Bevölkerung brachte. Der Stadtrat von Zwiesel sowie die Gemeinderäte von Bayerisch Eisenstein, von Frauenau und Lindberg stimmten gegen die Erweiterung. Selbst der Kreistag des Landkreises Regen hat sich mit knapper Mehrheit dagegen ausgesprochen. In einer Abstimmung der Hauptausschussmitglieder des Bayerischen Waldvereins, dem 20.000 Mitglieder angehören, wurde der Vorschlag vom Waldvereins-Präsidenten Landrat Heinz Wölfl, der Erweiterung zuzustimmen, mit 9:3 Stimmen abgelehnt.

Die Bevölkerung hatte ihren Willen kund getan!

Keinerlei Handlungsspielraum für Experimente…

Quasi in letzter Sekunde erkannten der Landtag und die Staatsregierung, dass eine Erweiterung politisch ohne eine gesetzlich dokumentierte Anerkennung der berechtigten Wünsche der betroffenen Bevölkerung nicht durchsetzbar sein würde. Der massive Protest und die ablehnende Haltung der Bürger hatten gezeigt, dass es unumgänglich war, zumindest für die Hochlagenwälder eine Schutzvorschrift verlässlich festzulegen. In einer eindeutigen Diktion, die nachstehend im Gesetzeswortlauf wiedergegeben wird, schrieb der Gesetzgeber deshalb bei der Erweiterung des Nationalparkgebietes, die im Jahr 1997 vom Bayerischen Landtag letztendlich doch beschlossen worden ist, vor, dass jedwedes Naturexperiment in den Hochlagenwäldern des Erweiterungsgebietes definitiv bis zum Jahre 2017 zu unterbleiben habe und der Bestand der Wälder sicherzustellen sei:


Auszug aus der „Verordnung über den Nationalpark Bayerischer Wald in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. September 1997“

§ 14 Hochlagenwald

(1) Der Hochlagenwald hat besondere Schutzfunktion für den Wasserhaushalt und ist als genetisches Potential einer autochthonen (*) Kaltklimafichtenrasse der Mittelgebirge schützenswert.

(2) Durch geeignete naturnahe Maßnahmen der Walderhaltung ist der Hochlagenwald in seiner Substanz zu erhalten und in seiner Funktion zu sichern.

(3) In einem Zeitraum bis zum Jahr 2017 ist die Ausbreitung des Borkenkäfers auf die Wälder der Hochlagen zwischen Falkenstein und Rachel zu verhindern.

(4) In den Waldbeständen, die bereits durch Borkenkäferbefall großflächig abgestorben oder befallen sind, soll der Prozess der natürlichen Walderneuerung ungestört ablaufen. Soweit die natürliche Walderneuerung flächig und länderfristig ausbleibt, soll die Entwicklung einer standortgerechten, natürlichen Waldzusammensetzung unterstütz werden.

(5) Die Maßnahmen nach den Absätzen 2 bis 4 sind im Nationalparkplan (§ 7) gesondert darzustellen.

(6) Die Entwicklung der Hochlagenwälder ist wissenschaftlich zu dokumentieren.

*Anmerkung: „autochthon“ = bodenständig; von alleine im Gebiet angesiedelt


Der Auftrag des bayerischen Parlaments…

Schütze und bewahre zumindest in den nächsten beiden Jahrzehnten den Hochlagenwald zwischen Rachel und Falkenstein! Diesen Auftrag gab das Parlament der Nationalparkverwaltung bei der Erweiterung des Parkgebietes als gesetzliches Mandat auf den Weg. Dies war und ist somit – zumindest für die Hochlagenwälder im Erweiterungsgebiet – eine eindeutige Absage an die von der Nationalparkverwaltung geschaffene Phrase, dass die „Natur der Natur“ zu überlassen sei.

Die Wogen begannen sich zu glätten…

Die Bevölkerung im Zwieseler Winkel fand sich langsam damit ab, dass ihre Wälder jetzt der Verwaltung des Nationalparks unterstanden. Sie war beruhigt, dass der von ihr geforderte Schutz der Wälder in den Hochlagen des Erweiterungsgebiets in einem Gesetz festgeschrieben worden war und dass volle zwei Jahrzehnte für die weitere Stabilisierung dieser Wälder (nach den fachlichen Erkenntnissen der Forstwissenschaft) gewonnen werden konnten. Zudem hatte die bayerische Staatsregierung große Investitionen in touristische Einrichtungen angekündigt, um den Fremdenverkehr weiter anzukurbeln. Man konnte sich, obwohl die Erweiterung ja diktiert und gegen den erklärten Willen der Betroffenen erfolgt ist, nun doch vorstellen, sich mit der Nationalparkverwaltung zu arrangieren.

Ein ungutes Gefühl…

Alsbald verdichteten sich aber die Anzeichen, dass auch im Erweiterungsgebiet des Nationalparks wieder etwas falsch läuft: die Wälder am Rachel starben ohne Hilfe weiter großflächig ab und auch im Schachtengebiet auf den Hochlagen zwischen Rachel und Falkenstein wurden immer größere Käferschäden sichtbar. Karl Friedrich Sinner, der im April 1998 die Leitung der Nationalparkbehörde von Dr. Bibelriether übernommen hatte, sprach aber nicht – wie zu erwarten gewesen wäre – von der Käferbekämpfung in den Hochlagen sondern davon, dass der absterbende Wald der Nährboden für die zukünftigen Urwälder im Nationalpark sein würde.

Er sprach von der „Verjüngung“ der Waldbestände durch den Borkenkäfer, von dessen Lebensrecht und von internationalen Richtlinien für Nationalparke, die einzuhalten seien. Und schließlich sprach er unverblümt aus, dass mindestens drei Viertel der Waldfläche des Erweiterungsgebiets, darin den gesamten Hochlagenwald, in sogenannte „Naturzonen“ umwandeln wolle. Dies war – mit den bekannten und heute weithin sichtbaren Folgen – auch im Altgebiet so geschehen.

Die Naturzonen…

In den „Naturzonen“ – einem Kunstgebilde, das selbst die Nationalparkverwaltung nicht kennt – wird der Wald sich selbst überlassen. Vom Sturm entwurzelte und abgebrochene Bäume werden nicht aufgearbeitet, sondern bleiben ebenso wie die Schneebrüche als „Brutmaterial“ für die Borkenkäfer liegen, dies sich hier – da eine Bekämpfung dieses Waldverderbers nicht stattfindet – ungehindert vermehren können. Noch der alte Nationalparkleiter hat – quasi als Vermächtnis – kurz vor seinem Ausscheiden im Jahr 1998 das frühere Naturwaldreservat Zwieseler Filz, das sich im Schachtengebiet, also in den Hochlagenwäldern des Erweiterungsgebiets befindet, zu einer sogenannten „Naturzone“ erklärt. Darüber hinaus lässt der neue Nationalparkleiter auch noch in einem an den Zwieseler Filz angrenzenden Hochlagengebiet die ungehinderte Verbreitung des Borkenkäfers zu.

Der Befall, mittlerweile auf dem bestem Wege, großflächige Dimensionen anzunehmen, wurde von der Nationalparkverwaltung somit nicht nur verhindert – wie ihr vom Bayerischen Landtag klar aufgetragen ist – sondern wurde von ihr durch Falschdarstellungen und die widerrechtliche Naturzonenausweitung geradezu fabriziert. Und was der zuständige Minister Dr. Schnappauf dazu sagte, als er von Heinrich Geier, dem damaligen Vorsitzenden der Bürgerbewegung, in eben diesem Gebiet auf diesen unglaublichen Missstand angesprochen wurde, wissen wir ja bereits.

Nochmals zur Erinnerung…

Der Bayerische Landtag hat 1997 gesetzlich festgeschrieben, dass der Borkenkäfer von den Hochlagenwäldern zwischen Rachel und Falkenstein jedenfalls bis zum Jahr 2017 strikt fernzuhalten ist. Die Wälder sollen als Kulturgut und auch wegen ihrer Schutzfunktion für den Wasserhaushalt unbedingt erhalten bleiben. Es ist eine eindeutige Anweisung, praktisch ohne jeden Ermessensspielraum, die sicherstellen soll, dass sich das Fiasko der Waldvernichtung im Altgebiet nicht noch einmal wiederholen kann. Und da nur biologisch tatsächlich auch existierende Wälder schützen können, ist zudem festgelegt, dass diese Wälder „unter Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse“ gegen künftige Angriffe des Borkenkäfers gefestigt werden. Trotzdem wird aber seit langem immer offensichtlicher, dass sich die Nationalparkverwaltung unter der Leitung von Karl Friedrich Sinner nicht an diese Weisungen gebunden sehen will. Der gesetzliche „Schutz“-Auftrag wurde und wird von dieser staatlichen Verwaltungsbehörde nicht nur missachtet, sondern durch die Ausweisung und Ausweitung von „Naturzonen“ in den Hochlagenwäldern aktiv und mit System unterlaufen!

Auch die „Naturzonen“ außerhalb der Hochlagenwälder können – wenn nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass sich der Borkenkäfer von hier nicht in die Hochlagen ausbreitet – nicht mit dem Schutzauftrag des Gesetzgebers in Einklang gebracht werden: Denn wer für die Sicherheit eines Tanklagers verantwortlich ist und dieses wirklich schützen will, wird definitiv keine Munitions- oder Feuerwerksfabriken in dessen Umgebung ansiedeln. Die verlogene „Naturzonen“-Politik, die die Nationalparkverwaltung mit zunehmender Vehemenz betreibt, will dieses Gefährdungsszenario aber geradezu herbeiführen!

Erneut wird Widerstand laut…

Schnell hat auch der neue Nationalparkleiter Karl Friedrich Sinner den Kredit, der ihm durchwegs eingeräumt worden ist, verspielt. Die Bürger im Erweiterungsgebiet wollten und wollen nicht hinnehmen, dass auch ihre Wälder das Schicksal der ehemaligen Wälder am Lusen und Rachel teilen, nur weil eine falsche Nationalparkideologie durchgesetzt werden soll.

Die Bürgerbewegung, ein Sprachrohr des Widerstands gegen diese Nationalparkpolitik, verabschiedete im September 2003 nach einer Großkundgebung in Zwiesel eine Resolution an die Bayerische Staatsregierung, in der diese aufgefordert wurde, die Zerstörung des Waldes und damit der Heimat der Bewohner des Bayerischen Waldes zu beenden. Der Stadtrat von Zwiesel und die Gemeindeverwaltung Lindberg verweigerten im Jahr 2004 der Nationalparkverwaltung ihre Zustimmung zur Ausweisung von weiteren „Naturzonen“ in ihren Kommunalgebieten. Im April schließlich hat die Bürgerbewegung eine Petition an den Bayerischen Landtag eingereicht, in der dieser gebeten wird, Einfluss auf die rechtlich gebotene Rücknahme der „Naturzonen“ im Einflussgebiet des Nationalparks zu nehmen. Die Bürger wollen die Willkür der Verwaltungsorgane nicht weiter hinnehmen – sie wehren sich!

Bürgerrechte in Bayern…

Im Umweltausschuss des Bayerischen Landtages standen am 24. November 2005 mehrere Petitionen zum  Nationalpark Bayerischer Wald, vorab auslösend die Petition der Bürgerbewegung, zur Behandlung auf der Tagesordnung. Nach einer hitzigen, von Abgeordneten des Bündnis 90/Die Grünen und der SPD geradezu frenetisch unter dem Naturschutzetikett geführten Diskussion, entschied der Ausschuss mit den Stimmen der CSU-Mitglieder, dass eine Ausweisung von „Naturzonen“ im Erweiterungsgebiet fortan nur mehr erfolgen kann, wenn dieser alle Gemeinden, die im kommunalen Nationalparkausschuss vertreten sind, zustimmen. Diesen Beschlussvorschlag hat das Bayerische Parlament  in der Plenumsitzung am 15. Dezember 2005 unverändert übernommen.

Die Petition der Bürgerbewegung, die ja das rechtswidrige Handeln bei der Einrichtung der „Naturzonen“ zum Gegenstand hatte, wurde – wir kennen es schon – „bei Seite gelassen“ und in Vollzug einer Erklärung von Minister Dr. Schnappauf ohne jede Erörterung gesetzten Rechts als erledigt erklärt. Der Vorstandschaft der Bürgerbewegung, die bei der Ausschusssitzung in München vertreten war, wurde – trotz mehrfacher Einforderung – das Wort nicht erteilt… Bürgerrechte in Bayern!

Fesseln für die Verwaltung?

Endlich: Mit dem Parlamentsbeschluss wurden der rechtswidrigen Vorgehensweise der Nationalparkverwaltung bei der Ausweisung von „Naturzonen“ durch die Einräumung eines kommunalen Veto-rechts schließlich doch noch ein Riegel vorgeschoben! Oder doch nicht?

Schon ein paar Tage nach dem Plenumsbeschluss meldete sich Staatsminister Dr. Schnappauf zu Wort und ließ über sein Ministerium, quasi als Dekret, verkünden, dass es ein kommunales Vetorecht nicht geben könne, weil ja Beschlüsse des Nationalparkausschusses nur empfehlenden Charakter haben. Mit anderen Worten: Was schert es mich und meine Verwaltung, was die betroffene Bevölkerung will und was in diesem Parlament beschlossen wird. Wir werden unseren Weg fortsetzen und auch den Wald in diesem Erweiterungsgebiet in dieselbe Verwüstung bringen, wie wir es im Altpark bisher auf eine Fläche von über 4.000 Hektar schon geschafft haben … nach dem Motto „Lassen wir den Landtagsbeschluss bei Seite!“.

Es reicht!

Die Bewohner des bayerisch-böhmischen Grenzgebirges lebten seit vielen Generationen vom Wald und leben auch heute noch mit dem Wald, mit ihrem Wald. Der Wald ist Teil ihrer Geschichte, ist Teil ihrer Identität. Es ist das legitime Recht dieser Menschen, dass sie sich dagegen wehren, wenn dieses Kulturgut – ohne Not und entgegen aller Versprechen – durch eine vom Wege abgekommene Nationalparkbürokratie und -ideologie zerstört wird.

Die Menschen im Bayerischen Wald lehnen den Nationalpark nicht ab. Sie fordern aber einen Park, der ihre Wälder schützt und erhält und diese langsam und behutsam in einen natürlichen und naturnahen Zustand zurückführt. Zurückführt, wie dies fachkundig, sorgfältig und mit Erfolg schon lange vor den Zeiten der am Schreibtisch ersonnenen Nationalparkexperimente auf den Weg gebracht worden war. Die Menschen im Bayerischen Wald werden auch weiterhin keinen Nationalpark akzeptieren, der ihre uralten Wälder wegen wertloser Europadiplome einer großflächigen Vernichtung durch den Borkenkäfer überlässt.

Und sie werden auch weiterhin gegen Minister und Behördenleiter ankämpfen, die meinen, dass sie das Recht einfach bei Seite lassen können.

Die Menschen wissen, dass sie das ihrem Wald schuldig sind.