Vorwort

Im Jahr 1995 gründete sich die Bürgerbewegung zum Schutz des Bayerischen Waldes e.V. Es war ein Zusammenschluss von Bürgerinnen und Bürgern, die verhindern wollten, dass die Wälder im vorgesehenen Erweiterungsgebiet des Nationalparks Bayerischer Wald dasselbe Schicksal erleiden, wie die dem Borkenkäfer zum Fraß überlassenen ehemals stolzen Waldflächen im Altgebiet des Parks zwischen Lusen und Rachel. Der Einsatz der Mitglieder der Bürgerbewegung und der massive Druck aus der Bevölkerung führten dazu, dass der bayerische Gesetzgeber, als er die Erweiterung des Nationalparks im Jahre 1997 schließlich beschloss, den Mensch im Bayerischen Wald einen Bestandsschutz für ihre Hochlagenwälder zwischen Rachel und Falkenstein für mindestens zwei Jahrzehnte versprach.

Im Laufe der Jahre wird nun jedoch immer ersichtlicher, dass sich das Ministerium und die Nationalparkverwaltung nicht an diese gesetzliche Vorgabe halten und auch die 11.000 Hektar Wald im Erweiterungsgebiet der Verwüstung durch den Borkenkäfer überlassen wollen. Die Bürgerbewegung wehrt sich gegen diese Entwicklung. Sie wird hierfür von den Nationalparkverantwortlichen in eine Ecke mit notarischen Nationalparkgegnern und Miesmachern gedrängt und als Gefährdung für die staatlichen Investitionen und die weitere Entwicklung des Fremdenverkehrs angeprangert.

Das Gegenteil ist aber der Fall: Die offiziellen Fremdenverkehrszahlen belegen, dass die Feriengäste die gehegten und noch weitgehend intakten Wälder im Erweiterungsgebiet und nicht den abgestorbenen oder in Teilbereichen wieder nachgewachsenen „Wilden Wald“ der Nationalparkideologen im Altgebiet suchen. Und die Verantwortlichen und die Mitglieder der Bürgerbewegung werden auch weiterhin für den Erhalt der Wälder ihrer Heimat und somit auch unmittelbar für das Wohl der Einheimischen und der Feriengäste und als Folge daraus für die Stärkung der Wirtschaftskraft der Region kämpfen.

Lesen Sie die nachstehende kurze Geschichte über den Nationalpark Bayerischer Wald, die nicht nur zufällig den Untertitel „Lassen wir doch das Recht einmal beiseite“ trägt. Sie werden dann verstehen, warum immer mehr Menschen die nicht nachvollziehbare und selbstherrliche  Vorgehensweise der Nationalparkverantwortlichen nicht mehr akzeptieren wollen und dies durch ihre Mitgliedschaft oder ihre aktive Mitarbeit in der Bürgerbewegung zum Ausdruck bringen.

„Lassen wir das Recht doch einmal beiseite!“…

… sagte der bayerische Staatsminister für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, Dr. jur. Werner Schnappauf, im August 2004 bei einer Begehung der vom Borkenkäfer befallenen Hochlagenwälder im Erweiterungsgebiet des Nationalparks Bayerischer Wald zu Heinrich Geier, dem Vorsitzenden der Bürgerbewegung zum Schutz des Bayerischen Waldes.

Wie ein roter Faden zieht sich dieser Ausspruch des Ministers durch das nun bald vier Jahrzehnte andauernde Wirken einer Verwaltung, der vom bayerischen Gesetzgeber im Jahr 1969 unter der Bezeichnung „Nationalparkamt Bayerischer Wald“ die Wälder des späteren Nationalparks mit rund 13.000 Hektar  Staatswald zwischen den Bayerwaldbergen Lusen und Rachel entlang der Grenze zur Tschechoslowakei, der heutigen Tschechischen Republik, anvertraut worden sind. Ein Waldgebiet, das seit 1997, als das Bayerische Parlament auch die Staatswälder zwischen Rachel und Falkenstein im Gebiet um Zwiesel zum Nationalparkgebiet erklärte, eine Fläche von mehr als 24.000 Hektar umfasst.

Die nun folgende Geschichte soll erzählen, wie ein illegales Naturexperiment aus dem Ruder gelaufen ist, wie eine Bevölkerung getäuscht und belogen wurde und wie Gesetze und Vorschriften umgangen oder so ausgelegt wurden, dass Fehler und Falscheinschätzungen korrigiert und fanatische Ideologien durchgesetzt werden konnten. Es ist eine wundersame Geschichte, die aufzeigt, wie eine Staatsverwaltung das Recht – um es noch einmal mit den Worten von Minister Dr. Schnappauf zu sagen, der sein Studium der Rechts- und Staatswissenschaften sowie der Politischen Wissenschaften mit der Promotion zum Dr. jur. abgeschlossen hatte – „bei Seite lässt“, wenn dies ihren Zielen dienlich ist.

Und dabei hatte alles so schön begonnen…

Die Idee eines Nationalparks im bayerisch-böhmischen Grenzgebirge, die bis in die Zeiten vor dem Zweiten Weltkrieg zurückverfolgt werden kann, wurde nach den Jahres des Wiederaufbaus und der Hochzeit des deutschen Wirtschaftswunders, im Zuge eines gesellschaftspolitischen und ökologischen Stimmungsumschwungs wiederbelebt. Insbesondere Hubert Weinzierl, heute Ehrenvorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) und der im Jahr 1987 verstorbene Zoologe Bernhard Grzimek, der von 1970 bis 1973 auch Beauftragter der Bundesregierung für Naturschutz war, konnten die bayerischen Staatsregierung, damals noch unter Ministerpräsident Alfons Goppel, für die Idee eines Nationalparks im Bayerischen Wald begeistern.

Das Jahr 1970, es war das Europäische Naturschutzjahr, ist schließlich in den Annalen des Nationalparks Bayerischer Wald als dessen Gründungsjahr vermerkt. Es ist geradezu symptomatisch für diese Institution, dass die rechtstechnische Gründung erst 22 Jahre später, mit dem Erlass der Nationalparkverordnung vom Juli 1992 erfolgt, da erstmals in dieser Verordnung das Gebiet, der Zweck und die Ziele des Nationalparks sowie Handlungsgebote und -verbote für die Verwaltung und die Bevölkerung festgelegt wurden. Die früheren Verordnungen von 1969 und 1973 hatten im Wesentlichen nur die Einrichtung der Nationalparkverwaltung und die Umschreibung ihrer Aufgaben umfasst.

Von 1970 bis 1983 ging alles gut…

Die Kommunalpolitiker und die Bevölkerung aber waren begeistert: der (vermeintlich) erste Nationalpark Deutschlands wurde in einer Region gegründet, die zu den wirtschaftlich schwächsten im Bundesgebiet gehörte. Die Aussicht, dass „diese außergewöhnliche Landschaft unzerstört auch für die Zukunft erhalten bleiben sollte“ (Worte des damaligen bayerischen Ministers Alfred Dick bei der Eröffnungsfeier 1970) machte Hoffnung und schuf breite Akzeptanz. Der erste Leiter der Nationalparkverwaltung, Dr. Hans Bibelriether, versprach, dass „die Bäume im Nationalparkgebiet alt werden und zu einer Größe wachsen sollten, wie wir es uns heute nicht mehr vorstellen können“. Es wurden Straßen, Museen und Tiergehege gebaut,; der Nationalpark war ein Vorzeigeprojekt der Einheimischen und eine Attraktion für Feriengäste. Alle akzeptierten, dass die Wälder nach und nach der forstwirtschaftlichen Nutzung entzogen und behutsa wieder in einen „wilden“, einen ursprünglichen Zustand zurückgeführt werden sollten. Dass Wegegebote und Sperrzonen die vormalige Bewegungsfreiheit einschränkten, wurde – der guten Sache wegen – in Kauf genommen. Die Einheimischen, die „Waidler“, wie sich selbst nennen, sahen ihre Heimat, ihren „Woid“, in guten, ja in besten Händen.

Erste Zweifel…

Im Frühjahr 1983 fegte ein gewaltiger Sturm über den Bayerischen Wald. Im Parkgebiet lagen 30.000 Festmeter Holz – vorwiegend alte Fichtenstämme – am Boden. Jedem war bewusst, dass eine große Gefahr für die Wälder bestand, wenn dieses Holz nicht umgehend entrindet und aufgearbeitet wird. Dr. Bibelriether hätte als verantwortungsvoller Forstmann und nach den damals maßgeblichen Vorschriften des Bayerischen Waldgesetzes zur Schädlingsbekämpfung (die anzuwenden waren, da der Nationalpark ja rechtstechnisch noch nicht existierte) sofort handeln müssen. Er hätte alle Hebel in Bewegung setzen müssen, um dem Borkenkäfer, der in den gestürzten oder geschädigten Bäumen eine optimale Brutstätte vorfand, keine Chance zur Massenvermehrung zu geben. Er hat aber nichts unternommen und trägt damit die erste Verantwortung für die großflächige und bis heute nicht gestoppte Vernichtung der Wälder, die er bei seinem Amtsantritt noch „alt werden und zu unvorstellbarer Größe wachsen lassen wollte.

Anstatt dem Wald zu helfen, setzte er die unsägliche und damals wie heute rechtswidrige Mär in die Welt, dass in seinem Forstgebiet die „Natur der Natur“ zu überlassen sei. Er, der von der Regierung eingesetzte Sachwalter über 13.000 Hektar Staatswald, handelte pflicht- und rechtswidrig.

Falsche Ideologien…

…führten nun dazu, dass sich der Waldschädling Borkenkäfer mehr und mehr im Nationalpark einnisten konnte. Während zunächst noch kalte, nasse Sommer die Massenverbreitung verlangsamten, zeigten sich zu Beginn der 90-iger Jahre auch für Nicht-Fachleute die wahren Ausmaße der Waldkatastrophe. Forstleute, die das gesamte Absterben der Wälder in den Hochlagen voraussagten, bekamen Redeverbot verordnet. Die Verantwortlichen, allen voran Nationalparkleiter Dr. Bibelriether, beschwichtigten aber noch immer Kommunalpolitiker und Bevölkerung mit falschen oder unvollständigen Informationen. Von Jahr zu Jahr kündigten er und von der Verwaltung beauftragte Gutachter und Experten ein Zusammenbrechen der Käferpopulation an.

Das Gegenteil trat ein.

Der Borkenkäfer konnte sein Vernichtungswerk ungehindert fortsetzen und zerstörte Hektar um Hektar, Kilometer und Kilometer, die Hochlagenwälder zwischen Lusen und Rachel. Die bayerische Staatsregierung, die in diesem Pseudo-Naturschutz wohl auch ein probates Mittel gegen die wachsende Kraft der Ökopartei der Grünen sah, unternahm nichts und deckte das Fehlverhalten ihrer Verwaltungsbehörde.

Keine Einsicht…

Statt jetzt endlich die Fehler einzugestehen und alle Kräfte zur Schadensbegrenzung zu bündeln, drängten Dr. Bibelriether, Hubert Weinzierl und weitere Protagonisten dieser absurden Nationalparkideologie die Staatsregierung vielmehr zu einer Erweiterung des Nationalparks um 11.000 Hektar in die Wälder um Zwiesel. Angesichts der tausenden und abertausenden Baumleichen, die jetzt für jeden sichtbar den Lusen, den Bergkamm zum Rachel und schließlich den Rachel selbst zu einer riesigen Totholzfläche von schon mehr als 1.500 Hektar gemacht hatten, lösten diese Pläne aber bei der Bevölkerung im Zwieseler Winkel des Landkreises Regen große Skepsis und Sorge aus. Die anfängliche Begeisterung und Zustimmung für die Nationalparkidee schlug in Widerstand um, der sich schließlich im Jahr 1995 mit der Gründung einer Bürgerbewegung, der heutigen Bürgerbewegung zum Schutz des bayerischen Waldes e. V., mit mehr als 1.400 Mitgliedern aus allen Gesellschaftsschichten, organisierte.